Dass Heinrich Hansjakob
von 1901 bis 1903, also dreizehn Jahre vor seinem Tode, mit seiner
Grabkapelle und Gruft sein eigenes Grab bauen ließ, mag man als Zeichen
besonderer Seelenstärke sehen. Aber nicht alle Zeitgenossen, vor allem
nicht viele seiner katholischen Amtsbrüder, urteilten so. Nicht wenige
betrachteten den Bau der Grabkapelle und Gruft als Beweis von Hansjakobs
arroganten Überheblichkeit oder sahen darin ein für einen Pfarrer
unpassendes, aristokratisches Gehabe.
Hansjakob wies solche Vorwürfe weit von sich. In seinem Buch „Stille Stunden“ verteidigte er den Bau seiner Grabkapelle, indem er schreibt: „Ich war stets gern einsam in meinem späteren Leben, einsam will ich auch da ruhen, wo ich viele einsame Stunden verbracht habe ... Für meine Kapelle reut mich kein Geld. Sie ist ja mein Vermächtnis an die Menschen und Berge der Heimat. Sie soll beide noch von mir grüßen, wenn ich längst nicht mehr bin.“ Und in der Tat, Hansjakobs Grabkapelle ist bis heute eines der beliebtesten Wanderziele im Kinzigtal. Sie wird jedes Jahr von zahlreichen Hansjakobfreunden besucht.
Bereits im Juli 1900
fasste Hansjakob den Entschluss, in seinem „Paradies Hofstetten seine
Grabkapelle bauen zu lassen. Sie sollte an der gleichen Stelle auf „der
Brand“ errichtet werden, wo sich seit 1896 seine Aussichtshütte befand.
Von hier aus genoss er den Blick über die grünen Wiesen des Hofstetter
Tals zu seiner Vaterstadt Haslach. 1902 beantrage Hansjakob beim
Bezirksamt Wolfach, bei seinem Ableben seine Beerdigung „an einem andern
Ort als auf dem zuständigen Begräbnisplatz“ vornehmen zu lassen. Die
Bürokratie machte ihm jedoch große Schwierigkeiten, sein Vorhaben
durchzuführen. Erst durch das Einschreiten seines Freundes, des
badischen Staatsrates Richard Reinhard, gelang es, die behördlichen
Hürden zu überwinden.
Am 20. Mai 1901 wurde nach den Plänen des Freiburger Erzbischöflichen Baudirektors Max Meckel der Bau der Grabkapelle in Angriff genommen. Als Baumaterial dienten vor allem die Sandsteine von der nahen Heidburg. Ende 1902 war die Grabkapelle fertig. Vor der Kapelle wurde eine Steinbank gesetzt mit der lateinischen Inschrift „Queti ab inquieto“. („Gewidmet der Ruhe von einem Unruhigen“). Der Holzaltar im Innern der Kapelle wurde von dem Freiburger Bildhauer Josef Dettlinger gefertigt. Auf ihm stehen als Holzfiguren Maria und das Jesuskind sowie der Heilige Antonius von Padua, der das Kind anbetet.
An der rechten
Innenwand ist das Holzrelief „Die Grablegung Jesu“ angebracht, an der
linken Innenwand das Reliefbild Jesus und Maria Magdalena. Beider wurden
ebenfalls von Dettlinger geschaffen. Die schönen farbigen Glasfenster
stammen vom Freiburger Glasmaler Professor Fritz Geiges. An der
Rückseite der Kapelle kopierte Dettlinger die „Beweinung Christi“ des
berühmten Würzburgers Bildschnitzers Tilmann Riemenschneider. Sie wurde
durch ein großes Glasfenster geschützt. Hinter der Kapelle wurde die
Quelle gefasst und die schöne Brunnenanlage mit der Madonna geschaffen.
Im Juni 1903 begann man mit dem Bau der
Gruft hinter der Kapelle. Beim Aushub tauchten Schwierigkeiten auf,
weil der Fels wegen der Nähe der Kapelle nicht gesprengt werden konnte.
Am 2. August waren die Fundamentarbeiten in über drei Meter Tiefe
beendet. Die Gruft wurde mit dicken Mauern überwölbt und bekam ein
eigenes Portal. Steinbänke wurden im Innern der Gruft angebracht. Die
Arbeiten waren am 24. August 1903 beendet. Hansjakob verfügte, dass nach
seiner Beerdigung die Gruft mit Erde bedeckt und ein kleiner Friedhof
über ihr angelegt werden sollte.
In den letzten Jahren
wurde Hansjakobs Grabkapelle sehr aufwändig innen und außen restauriert
und bildet heute ein Kleinod der sakralen Baukunst im Kinzigtal.
Mit den Versen des Dichters Freiligrath beschreibt Hansjakob in seinem Buch "Mein Grab" noch einmal die Intention seiner Grabkapelle:
"Auf einem Berg begraben,
'das muß wohl köstlich sein,
wo Wolken sich laben
im Morgenschein.
Tief unten der Welt Gewimmel,
Forst, Flur und Stromeslauf,
und oben tut der Himmel
die gold'nen Pforten auf."
Autor: Manfred Hildenbrand